projekt: Landschaftsbauhütte / Der Kleingärtner
Der Kleingärtner
Interview mit Herr Schöben (Schreibweise?) Kleingärtner in Brockhausen
Wir haben gerade mit einem Bauern gesprochen, der hat gesagt, daß
er noch Getreide anbaut, ein bißchen Raps, aber sonst nichts.
Herr Schöben: Das ist ja auch zu kostenintensiv. Wir haben damals
auch, wie schon gesagt, viel Gemüse gehabt, und ohne Dünger wird nix.
Und wenn man Dünger dran machte, wie mein Nachbar, mit Blaukorn, ja
dann kann ich es gleich im Laden kaufen. Das lohnt sich dann praktisch
gar nicht. Für uns ist das eben interessant, daß wir unser grünes
Eckchen haben. Die Hütte da ist fast zugewachsen. Ich weiß nicht ob
die bald 200 Jahre da steht ... (lacht). Die hab ich so übernommen und
von innen ein bißchen ausgekleidet. Da waren Kanninchenstäle mit drin
und ein paar Gartengeräte.
Hat ausser dem Taubenzüchter, hier neben Ihnen, noch jemand Tiere
hier?
Herr Schöben: Nein, er ist der Einzige, der hier Tiere züchtet. Er
ist schon etwas älter und das ist viel Arbeit ... aber das ist Hobby
... das muß man so sehen. Er ist da mit Leib und Seele dabei. Er sagt
zwar selbst: ich kann nicht in Urlaub fahren. Die Tiere müssen ja
jeden Tag versorgt werden.
Sie leben hier in der Nähe?
Herr Schöben: Ja, hier in der Nähe... in Vorhalle. Wie gesagt, ich bin
ja froh, daß ich hier mein Eckchen hab und meine Ruhe.
Sie haben gesagt, daß ihr Nachbar, der Taubenzüchter sein Stück zugewiesen
bekommen hat. Als Sie hierher kamen, war das noch ganz ungenutzt?
Herr Schöben: Da war nur die alte Trasse. Da waren schon welche da,
die hatten sich da, wahrscheinlich nicht legal, so eine Hütte hingemacht
mit einem Hundezwinger. Da haben sich die Nachbarn natürlich beschwert.
Die waren sehr laut, die Tiere ... und da ist das wieder abgebrochen
worden. Dann hat der Taubenzüchter das als Ersatzgrundstück bekommen.
Weil er da hinten am Kaisberg sein Grundstück aufgeben mußte.
Wieviel Leute haben hier Grundstücke?
Herr Schöben: Vier.
Was uns aufgefallen ist: es gibt hier überhaupt keine Gastronomie
auf dem Kaisberg.
Herr Schöben: Oben auf dem Kaisberg, ich kenns nur vom Hören-Sagen,
war mal eine Gaststätte, und im Wasserschloß sollte eine Gastronomie
eingerichtet werden von der Andreasbrauerei. Aber die hat ja zugemacht.
Es gibt zwar noch Bier unter dem Namen Andreas aber das wird inzwischen
in Dortmund gebraut. Das (Eine Gastronomie) wäre vielleicht angebracht
... gerade da hinten (im Wasserschloß). Da sind soviel Hochzeiten.
Wann ist ihre unmittelbare Nachbarschaft - Brockhausen - gebaut worden?
Herr Schöben: Wir sind hier hingezogen 1973, da standen die Häusser
schon. Ich weiß nicht, die müssen in den 60er Jahren gebaut worden
sein. Denn damals ist ja die Brücke extra dafür gebaut worden.
Wie hat sich das in der Zeit, seit Sie hier sind verändert? Gab es
da viel Wechsel?
Herr Schöben: Ja, viel Wechsel. Vor Öffnung der Grenze sollten einige
Wohnungen abgetragen werden, weil hier schon 50 Wohnungen leer standen.
Die Nebenkosten wurden dann zu hoch. Dann kam die Öffnung der Grenze
und dann kam eben der Zuzug. Wohnraum wurde knapp. Aber mittlerweile
stehen schon wieder einige Wohnungen leer. Es hängt vielleicht auch
mit der Bevölkerung zusammen, die hingekommen ist. Brockhausen hat
keinen guten Ruf.
Es ziehen also wenig Leute aus Vorhalle hier herüber?
Herr Schöben: Im Gegenteil - weg.
Die Grenze, die die Eisenbahnlinie vorgibt ist also eine Grenze in
den Köpfen, obwohl das kommunal gesehen zusammengehört?
Herr Schöben: Das gehört alles zu Vorhalle.
Wir haben auch gesehen, daß die vierspurige Weststraße weiter oben
Vorhalle nochmal unterteilt.
Herr Schöben: Ich sag immer, es gibt 3 Abschnitte: Das ganz drüben,
ist vom Wohnen her das vernünftige Umfeld ... dann kommt das Mittlere
... und dann kommt hier. Wie gesagt, die Wohnungen sind schön ... aber
das Umfeld ...
Also oben ist die reine Wohngegend, dann kommt die Geschäfts- und
Wohngegend - da gibt es auch die Wirtschaften.
Herr Schöben: Ach die Wirtschaften laufen auch nicht so. Andererseits
ist das auch `ne Kostenfrage ... Deshalb wäre es schon interressant,
wenn hier ein Gastronomiebetrieb herkäme, der was Vernünftiges anbietet
... auch zum Essen ... weil nur zum Trinken, wer geht da Heute noch großartig
hin? Aber wenn das Programm gut läuft geb ich dem schon Chancen. Man
sieht es ja an Herdecke. Das würde sich vielleicht auch anbieten für
Seminare ... ich weiß nicht, ob man das auch als Hotelkomplex anbieten
kann ... denn hier ist ja Nichts.
Können Sie auch was zu den belasteten Böden hier sagen?
Herr Schöben: Das sind alles belastete Böden und ich weiß nicht was
man sich dabei denkt?
Wir haben Informationen, daß ein Teil stark mit Kadmium belastet sein
soll. Der soll abgetragen und an einer Stelle hier am Kaisberg-Gelände
deponiert werden.
Herr Schöben: Daß Klärschlamm noch nie was Gutes war, das weiß man
eigentlich.
Der wurde früher hier als Dünger eingesetzt.
Herr Schöben: Früher, früher ... Wenn ich so an meinen verstorbenen
Schwiegervater denke ... Als wir da mal spazieren gingen, hier runter,
da wurde das immer abgekippt ... vom Harkort-See bzw. vom Hengstey-See
... Da hat der schon gesagt ... Junge, das geht nicht gut. Nach dem Krieg
hatte der in einer Kleiderbügelfabrik gearbeitet und dort hatten die
Klärschlamm gelagert. Er hat gesagt: dort ist alles kaputt gegangen.
Na und hier ist ja auch allles mit Kadmium verseucht. Die Ruhr pumpt
man aus und den Harkort-See und dann wird das in Becken gemacht. Na
ja, auf den Deichen weiden die Schafe und Ziegen darauf. Mein Schwiegervater
hat, ohne Wissenschaftler zu sein, schon damals gesagt: das kann nix
sein.
Es gab auch die Idee mit einem bestimmten Knöterich das Kadmium aus
dem Boden zu ziehen, was aber zu teuer war.
Herr Schöben: Es gibt ja alles Mögliche. Sie sehen diesen Busch da
vorne, den hab ich da auch stehen lassen ... wissen sie warum? Da ist
so milchiges Zeug drin und das hilft gegen Feldmäuse. Der platzt gerade
auf, die Samen verteilen sich und dann hat man keine Wühlmäuse mehr.
Genauso mit meinen Bäumen, da hänge ich Blumentöpfe rein mit Holzwolle,
die für Ohrenkrabbler sind, damit mir die die Blattläuse wegfressen.
Spritzen tue ich nicht. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht.
Gegen Schnecken gibts ja auch Bierfallen. Aber alle kriegt man damit
nicht.
Da müßte man schon `ne ganze Kiste Felskrone hinstellen ... was dann
nicht unbedingt so schmeckt. Ja doch, das hilft auf jeden Fall, das
stimmt schon.
Der Aufseher vom Wasserschloß hat zu uns gesagt, daß es hier in Brockhausen
abends gefährlich sei. Er würde da nicht alleine rumlaufen. Kriegen
sie davon etwas mit?
Gefährlich ... na ja ... Es ist nicht mehr so einfach. Wir wollen uns
da nichts vormachen. Das ist nicht mehr wie früher. Nur liegt das
natürlich auch am Gesetzgeber. Man kann sich oft nicht mehr auf die
Straße trauen abends. Da muß man mehr oder weniger schon ... was weiß
ich ... mitten auf der Straße gehen.
Sind das Jugendliche?
Herr Schöben: Das sind viel Jugendliche. Aber ich will ja jetzt nicht
sagen was für Leute ... das kann man sich ja auch schon ein bißchen
denken. Das wird ja heute gleich alles als Rechtsradikalismus ausgelegt.
Das ist ja nun wirklich nicht der Fall. Man muß auch immer beide Seiten
sehen.
Gibt es ein Jugendhaus oder einen Klub hier?
Herr Schöben: Ja, hier ist auch ein Jugendhaus und ein Jugendzentrum.
Wenn man da was sagt, wird einem das alles gleich ausgelegt. Sie brauchen
ja nur in das Jugendzentrum hier in Vorhalle zu gucken, da sehen sie
was da alles ... da ist kein Deutscher mehr drin.
Gibt es hier auch Zündstoff wegen der Arbeitslosigkeit?
Herr Schöben: Das hängt ja wahrscheinlich auch von mehreren Faktoren
ab. Ich meine, wenn man hierbleiben will ... und die meisten, die
ich so spreche, die wollen auch hierbleiben ... auch weil sie eine
Rente haben ... aber dann reden sie mit ihren Kindern immer noch in
ihrer Landessprache ... was natürlich alles schön und gut ist ...
das würd ich auch befürworten ... aber die sollen ja auch hier bleiben
und sollten dann auch fähig sein einen Schulabschluß zu kriegen. Und
wenn ich die Sprache nicht beherrsche, dann habe ich schon Schwierigkeiten.
Mir ist das so persönlich aufgefallen. Ich bin zwar kein Lehrer, aber
es ist so, daß die Mädchen wirklich alle ihren Weg machen und die
Jungs kommen auf die schiefe Bahn. Bei uns im Haus haben wir auch
einen großen Ausländeranteil. Die Mädchen sind alle fleissig und schulisch
ganz gut, und die Jungs ... ja ... Kriminalität. Ich sag mal, man
hatte früher eine andere Wertschätzung vor den Dingen. Wir wollen
uns ja nichts vormachen, das fängt schon mit diesen Grafittis an.
Da kommt jemand her und baut sich ein Haus und streicht das neu an
und über Nacht kommen die Grafittis. Die wissen gar nicht was der
noch abzutragen hat ... und wieder einen neuen Anstrich ... Ich meine,
das macht man doch einfach nicht. Und vor allen Dingen ist es ja so
... nicht, daß ich jetzt ganz konservativ bin, aber ich freu mich
immer wenn alles ordentlich ist ... und sauber ... und nicht wenn
es verkommen ist. Die Stadt, die gibt sich soviel Mühe. Auch wenn
ich immer von Fremden höre: Hagen ist so eine schmutzige Stadt. Ja,
aber die Stadt ist so schmutzig wie die Bewohner sind. Sie brauchen
hier nur die alte Nö?? Straße hochzugehen, da haben sie alles so schön
gemacht, schön gepflanzt ... Bäume hin ... Wenn ich da Parterre wohnen
würde, da würd ich doch mal herkommen, das Papier da rausholen. Nix,
da haben die nix mit am Hut. Im Gegenteil, da wird hingeschmissen.
Und da kann die Stadt sich noch so anstrengen.
Landschaftlich ist es hier ja sehr schön.
Herr Schöben: Wir haben Bekannte aus Bayern, die haben gedacht: das
gibts gar nicht, daß es hier so aussieht. Ich weiß nicht ob sie das
Freilichtmuseum kennen? Ich würde ihnen vorschlagen da mal hinzugehen.
Das ist hier in derselben Ecke und da meinen sie, sie wären im Scharzwald.
Da sind alles alte Fachwerkhäusser, die wieder aufgebaut worden sind,
und handwerkliche Betriebe: Seilereien, Schlossereien ... Im Moment
ist jetzt eine Zarenausstellung ... die russischen Zaren ... und die Säbel
da. Da sind Brotbäckereien und Brennereien ... da ist alles wirklich
ganz toll. Wenn sie da sind, da meinen sie, sie brauchen gar nicht
mehr woanders hin. Das würde ich ihnen empfehlen, da mal hinzufahren,
wenn sie mal Zeit und Lust zu haben ...
Uns sind auch der Freiherr vom Stein-Turm, der Harkort-Turm, der Vincke-Turm,
die Hohensyburg und der Bismarck-Turm hier aufgefallen.
Herr Schöben: Der Bismarck-Turm, Eugen-Richter- und Kaiser Wilhelm-Turm
(und Friedrich Wilhelm-Turm?) ... da hinten die drei.
Ist die Geschichte dieser Türme bei den Leuten hier bekannt?
Herr Schöben: Weniger, würde ich sagen. Ich glaube kaum ... Nur wer
sich da sehr intensiv damit befasst. Die jungen Leute kaum. Ich meine,
wir sind ja nun schon auch wieder eine andere Generation ... sind ja
so ein bißchen mit der Geschichte groß geworden. Aber heutzutage gibts
das wenig. Aber was nutzt es.
Der Freiherr vom Stein-Turm hier und der Harkort-Turm gegenüber sind
ja nicht zugänglich. Wie soll man da auch etwas von der Geschichte
mitbekommen. (...) Ursprünglich war die Idee hinter diesen beiden Türmen
zumindest die von einem selbstständigen Bürgertum.
Herr Schöben: Ich denke, daß das auch alles nicht immer so einfach
ist. Wenn was unternommen wird ... sprich Vandalismus ... sieht man ja
oben schon auch wieder zum Teil mit ihren Grafittis. Das ist auch
jetzt zugeschweisst. Das ist ja alles traurig. Da geben sich Leute
Mühe und opfern ihre Freizeit und machen das alles schön. Dann ist
da oben weit und breit niemand ... Genauso ist das, was alle 14 Tage
vom Vorhaller Bahnhof in der Zeitung steht, wie verkommen der ist.
Ja, wie oft hat die Bahn den anstreichen lassen müssen. Da ist der
noch nicht wieder angestrichen, da kommen die schon und schmieren
den wieder voll. Das nutzt ja nix. Man kann aber auch nicht bei jedem
Objekt, das man fertig macht ... restauriert ... da wieder eine Bewachung
dazu stellen. Das muß einfach in die Köpfer der Leute mal rein.
Früher gab es oben am Kaisberg ja eine Wirtschaft.
Herr Schöben: Die war da oben in der Nähe. Ich hab sie nicht gekannt.
Am Goldberg-Turm waren wir in der Gaststätte, der Turm begehbar und
da gibt es offenbar auch weniger Vandalismus.
Herr Schöben: Ja, aber wer will da (Kaisberg) hin ... als Pächter?
Wenns das gäbe ... hier gibts ja inzwischen auch einige Kneipen in Vorhalle
und Kaspel (?), da gehen die Leute ja auch hin. Das kommt immer darauf
an wie der Pächter ist und was er anbietet. (...).