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projekt: demoskopia / Der Produkteerschaffer

Norbert Rink, Produkteerschaffer

Biographische Hintergründe
Geboren 1935. Besuch des Gymnasiums. Besuch einer Handelsschule, Bank-Lehre, Lehre in Gerberei, Arbeit im Londoner Hafen. Wieder in Deutschland zurück: Arbeit in einer Bank. Einjähriger Aufenthalt in Italien: Kauf und Behandlung von Tierfellen für die Agentur des Vaters. In Deutschland zurück: Tätigkeit in italienischem Nahrungsmittelkonzern, danach Wechsel zu einem internationalen Nahrungsmittelkonzern. Die Firma ermöglichte eine Ausbildung in der Schweiz. Danach weltweite, 30-jährige Tätigkeit für diesen Konzern als kreativer Berater und Einflussnehmer des Vorstandes. Parallel zum Beruf als 40-Jähriger Beginn eines autodidaktischen Kunststudiums: Studium bei einem Meisterschüler der Frankfurter Städelschule. Pensionierung mit 60 Jahren, danach wird -neben freiberuflicher beraterischer Tätigkeit für die alte Firma und Reisen in ganz Europa - die Kunst zur Hauptsache.

Aktuelles Wohlbefinden
Wohlfühlen tue ich mich im Bereich meiner Familie, die mir sehr viel bedeutet. Der zweite Bereich ist der meiner Kreativität, ohne die ich nicht leben kann, sowohl in der Tätigkeit für meine alte Firma als auch im Bereich meiner Kunst. Ich lebe für Kreativität. Drittens gibt es andererseits Umfelder, in denen ich nicht atmen kann: in diesem herrlichen Deutschland gibt es eine Reihe sozialer und gesellschaftlicher Probleme, mit denen ich einfach nicht zurecht komme. Ich brauche keine 83 Millionen, sondern zwei Handvoll Menschen um mich herum. Nur deswegen lebe ich hier und komme immer wieder hierher zurück.

Unmittelbare gesellschaftliche Zukunftsaufgaben
Im Mittelpunkt steht die Struktur von Europa. Sei es ein Finne, Schwede, Italiener, Franzose, Engländer oder Marokkaner - alle repräsentieren ursprünglich gewachsene Strukturen. Die Entwicklung in Europa wird sich - mehr oder weniger - auf administrative, materielle, monetäre Dinge beziehen. Ich denke immer noch mit Schrecken daran, wenn ich über die österreichische Grenze mit einer Flasche Rum gefahren bin oder über die französische mit ein paar Flaschen Rotwein - das wird es nicht mehr geben. Aber für mich sind die Strukturen dieser Länder im sozialen und ethnischen Bereich nicht harmonisierbar. Man wird nie einen Weinbauern aus dem Bergerac davon überzeugen können, daß ein wunderschön gezapftes Andechser Starkbier dasgleiche ist wie sein Bergerac. Man wird die Rationalität und die daraus gewachsene Emotionalität eines Deutschen in Bezug auf sein KFZ nie harmonisieren können mit dem sonntäglichen Besuch in einem Bistro in Frankreich. Glücklicherweise wird die europäische Gesellschaft eine breite Gesellschaft sein, die die rationalen Dinge zu unserer aller Vorteil harmonisiert. Europa wird weiter ein Land der faszinierenden Gegensätze bleiben in einer kommerziell - rationalisierten Welt.

Definitionen von 'Zukunft'
Von zentraler Bedeutung ist für mich der Begriff des Glaubens. Der Glaube an zwei Dinge: an den morgigen Tag und die Kraft und Wirkung der Gemeinschaft, in der ich lebe. Es gab nie eine goldene Zeit, sie ist immer eben, heute.

ÔZukunftÕ ist auch einfach bedingt durch Notlösungen eines Zufalls. Gehe ich zurück in die Welthauptstadt der Prähistorie, zurück zu Les Esyiers am Fluss Verzere, Dordogne: Dort war 'Zukunft' das Überleben durch erfolgreiche Jagd, durch den Zufall in einem eiszeitlichen Raum.

'Zukunft' ist für mich eine soziale Veränderung, menschliches Verhalten: was heute passiert, hat seine Auswirkungen auf morgen.

Es gibt noch eine dritte Form von 'Zukunft', der ich allerdings sehr kritisch gegenüber stehe: 'Zukunft' durch materiellen Nutzen ... weil Herr XY eine Nike-Jacke trägt, soll ich morgen auch eine tragen oder BMW fahren oder irgendwas. 'Zukunft' definiert sich so selbst.

Einflussnahmen auf die 'Zukunft' habe ich in den drei Stufen eben definiert:
- Zufall
- Ergebnis sozialer Veränderungen
- Ergebnis von materiellem bzw. kommerziellem Nutzen

'Zukunft' bedeutet: Macht, Kapital, Erfolg im soziologischen Bereich
Für mich bedeutet 'Zukunft' Existenz, um in der Zeit, in der ich noch leben kann, die Dinge zu verstehen und aufzuarbeiten, für die ich meine Geburt geschenkt bekommen habe.

Einschätzung von und Umgang mit Institutionen, die Zukünftiges prognostizieren
Auch auf die Gefahr überheblich zu klingen: die Zukunft, wie ich sie erleben will bzw. die ich zu bekommen erhoffe, definiere ich selbst. Ich definiere sie ausschließlich aufgrund meiner Erfahrungen und meines Engagements. Hilfsmittel sind dabei mit Sicherheit nicht Aktienberater, Makler, Horoskope, BILD-Zeitung, RTL. Ich glaube tief daran, dass mir meine Lehrzeit zum Schamanismus enorm geholfen hat, Dinge, "die hinter der Rinde des Baumes sind", zu verstehen. Meine Kunst ist, "Unsichtbares sichtbar zu machen". Meine Kunst ist mein Parameter. Hier finde ich meine guten Geister, meine Engel, die mich führen und sonst niemanden. Sie verstehe ich.

Auf die innere Stimme hören
Es gibt eine Reihe von Dingen, die mich dazu bewogen haben, fast nur auf meine innere Stimme zu hören. Eine wichtige Erfahrung war der 2. Weltkrieg mit der Erfahrung von Leid und Tod. Eine weitere entscheidende Erfahrung war der frühe Tod meines Vaters: er lag auf der Intensivstation, es gab keinerlei Hoffnung mehr, die Ärzte fragten, ob sie die Apparate abschalten sollten, und ich sagte ja. Eine dritte wichtige Erfahrung, die mir sehr viel Kraft gegeben hat, war die Geburt unserer einen Tochter, die fast keine Überlebenschance hatte. Ich mußte Entscheidungen treffen, Ärzte überall um mich herum, ich mußte die Entscheidungen treffen. Ich habe an meine innere Stimme geglaubt und habe die Entscheidungen getroffen. Und meine Tochter ist heute eine fantastische Tochter. Ich zerstöre fast jede gedankliche und physische künstlerische Stimme, wenn ich im Prozess feststelle, dass meine innere Stimme mir sagt: das ist nicht gut. Parameter sind Lyrik, Haikus. Nicht die Meinung eines Außenstehenden zählt, sondern ich selbst bin derjenige, der entscheiden muss. Heute sagt man mir nach ... "Du, vielleicht bist du ja doch ein Schamane und riechst das Wetter, die Welt, die Gesellschaft von morgen?" Ich jedenfalls werde diesen Weg nicht mehr verlassen.

Prognosen in der Berufspraxis
Verständlicherweise möchte jeder Vorstand, dass ich ihm das pay-back, d.h. die Rentabilität seiner Investition, im vornhinein, also vor Durchlauf des Konzeptes der Produktidee, garantiert hätte. Fast wie im Sinne einer Bankbürgschaft auf seinen Erfolg. Selbst ein Schamane könnte das aber nicht.

Wie entsteht eine erfolgreiche Idee?
Wenn jemand nicht das aufliest auf der Straße, was vor ihm liegt, dann ist er kein Kreativer. Theoretische Dinge bringen nicht den Erfolg. Im Endeffekt ist es wieder der Schamane aus der Höhle von Lascaux, der die Spur eines Hirsches oder Wildschweins riecht. Das Ziel ist, ein Jagdergebnis mit nach Hause zu bringen. Und da gibt es eine fantastische, hundertprozentig wirksame Methode, kreativ erfolgreich zu sein ... wenn man ein intensiver Teil einer größeren Gesellschaft ist und die Gesellschaft sehen, riechen, schmecken, fühlen, hören kann. Man braucht das nur aufzulesen und neu zusammenzufügen. Ich muss Teil der Situation sein. Abstrakt und theoretisch geht es nicht.

Produkteerschaffung: Beispiel "Sauce Hollandaise"
Ein Beispiel: Viele Jahrzehnte lang aß man das königliche Gemüse, den Spargel, mit Schinken oder mit Rührei. Ging man aber in ein gehobenes Restaurant, dann aß man den Spargel mit einer Sauce Hollandaise. In einem kleinen Rahmen wie einem familiären Kreis ist das Herstellen einer Sauce Hollandaise aus zwei Gründen nicht möglich: die Sauce zerfällt sofort und zweitens ist das Wissen um die Herstellung verloren gegangen. Zielsetzung war also, das Hauptproblem der Sauce Hollandaise zu finden, d.h. die Bindung. Eine Hollandaise darf nicht gebunden sein, aber ich habe sie trotzdem gebunden. Die Köche haben die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen, aber in Blinddegustationen war der Unterschied zu einer echten mini-mal und so wurde es ein voller Erfolg. Heute essen 60 Prozent der Bevölkerung Spargel mit einer industriell gefertigten Sauce Hollandaise.

Produkteerschaffung: Beispiel "Chili con carne"
Ein weiteres Beispiel, für das ich von meinen kulinarischen Beratern auch fast erschlagen wurde: Irgendwann hieß es "Scharf - alles isst scharf". In Mexiko gibt es das Chili con carne, das dort unter spezifischen Bedingungen hergestellt wird: auf offener Gasflamme wird in einer Eisenpfanne Rindfleisch gebraten, dazu rote Bohnen und eine sehr scharfe Chilimischung. In Deutschland isst man aber kein in der Pfanne gebratenes Rindfleisch, weil es steinhart wäre. Rote Bohnen kannte man auch nicht. Es wäre für deutsche Gaumen ungenießbar gewesen, aber die Leute wollten es. Was machen? Ganz einfach: man nimmt scharfe Paprika und macht daraus eine Würzmischung. Der Verbraucher kauft in Discountmärkten ein Sonderangebot Hackfleisch, nimmt rote oder weiße Kidney-Beans, die fertige Würzmischung dazu und so ist Chili con carne heutzutage ein Standardprodukt geworden. Ein perfektes deutsches Chili con carne, aber ein total anderes Produkt als in Mexiko.

In die Seele der Leute gehen
Also für mich ist die einzige Methode die, gedanklich in die Gesellschaft, in die Seele der Leute zu gehen und ihnen auf's Maul schauen. Die Theoretiker, die die großen Sprüche machen, bringen es faktisch nicht. Der Erfolg liegt auf der Straße. Du musst ein Teil dessen werden, mit dem du kommunizieren willst bzw. dem du etwas verkaufen willst. Man muss sich auf den Genußstuhl des Verwenders setzen und ihr Herz werden.

Nutzen von Marktforschung?
Ich habe großes Misstrauen gegenüber Marktforschung in einem bestimmten System. Es gibt für mich keine traditionelle empirische Marktforschung für den Erfolg oder Misserfolg einer Produktidee. Es gibt nur eine qualitative Vorbetrachtung, sofern das Briefing präzise und qualifiziert ist. Ich konnte meinem Vorstand nie die Garantie für den Erfolg geben. Ich konnte ihm aber sagen, nach Beratungen mit dem Institut, mit dem ich schon lange zusammenarbeite, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass wir Erfolg haben werden. D.h. keine rationelle empirische Marktforschung, sondern Hilfestellung um die Idee zu definieren und abzusichern.

Trend-Scout sein heißt in der Masse stehen, mit der Masse reden
Mein bester Trend-Scout war ich selbst, denn die Leute, mit denen ich mich unterhalten habe, waren meine Spiegelbilder für die Informationen, die ich brauchte. Trend-Scout heißt, einfach in der Masse stehen, mit der Masse reden. Je mehr gute Freunde du hast, die für dich mit in der Masse stehen, umso besser ist dein Trend-Monitoring.

Finden, was anders ist als gestern
Ein Trend-Scout ist quasi ein menschliches Trüffelschwein. An Qualifikation braucht er zwei Dinge: genau wie ein Künstler auch braucht er eine Grundausstattung für diese Fähigkeit. Zweitens muss ich mit ihm kommunizieren können, damit er ein Teil meiner Idee, meines Wunsches, meiner Zielsetzung wird. Gute Trend-Scouts zu finden ist genauso kompliziert wie ein gutes Trüffelschwein. Rational ist es fast nicht machbar sie auszubilden in Verständnisfähigkeit. Zum großen Teil ist das emotional. Ein guter Trend-Scout ist auf derselben Wellenlänge wie die Menschen, unter denen er sich bewegt. Er findet, was anders ist als gestern.

Traditionelle Methoden der Zukunftsdeutung ...
Ich glaube tief daran. Lascaux, Altramira, Externsteine, Chartre, Notre Dame, San Piedro in Rom, Stonehenge, Merlin, Morgane, Bretagne, Avalon, Artus, Parzifal: es sind Orte, Personen bzw. Dinge des Glaubens. Vor der Höhle in Les Esyiers steht die berühmte Statue von P. DardŽ (1930-1931). Sie versucht, einen Neandertaler darzustellen. Dieser Jäger steht unter dem Abri San Georg an der Vezere und hat für seine Familie das Wild erlegt und den Fortbestand sichergestellt. Ohne Glauben an das Morgen, an eine neue Existenz, an eine neue Situation, könnte er nicht überleben. Ich verwende traditionelle Methoden wie Horoskope für mich selbst, um einen Blick hinter die Rinde des Baumes werfen zu können, das Unsichtbare sichtbar zu machen. Ich verwende sie, um meine Psyche zu trainieren.

.... und ihre Nutzung in der Arbeit
Es sind Mittel, die mir erst in einer zweite Phase dienlich sind, wenn ich heute z. B. rationale Erkenntnisse in ein kreatives Konzept umsetzen muss. Ich kann die ursächlich, urförmigen Erkenntnisse nicht in direkter Form für heutige Strategien und Maßnahmen verwenden. Wenn ich mich heute mit Formen und Farben zum Beispiel beim Thema Frühling auseinandersetze ... Bäume, Aststrukturen etc. ... dann muss ich die künstlerische schamanistische Erkenntnis neu transformieren, wenn ich beispielsweise ein Frühlings-Fitmacherjoghurt gestalten will. Ich muss die Urerkenntnis, die jeder Mensch unbewusst registriert und fühlt, neu transformieren für eine neue, anfassbare realistische Situation. Das trifft im kompletten Kommunikationsbereich zu ... Packungsgestaltung, Tonträger, TV-Spot oder Anzeige.

Verständnis des Begriffs "Schamane"
Die reale Person und die Fähigkeit dieser Person — also das Reale und das Visionäre — sind vereint in einem Wesen, das durch hart erlernte Fähigkeiten — sehr häufig durch Krankheit bedingt — zu einem Mittler geworden ist zwischen dem Ist/Sein und einer anderen Welt. Diese Fähigkeit ist quasi ein Hilfsmittel für kreative Prozesse. Man kann auch sagen, dass jede kreative Tätigkeit eine schamanistische ist. Jeder Mensch ist ein Schamane. Jeder ist ein Künstler. Jede(r) muss nur den richtigen Schlüssel für das Türchen - also eine Erklärung für sich - finden. Es geht darum, das Verlorene aus der Vergangenheit in der Gegenwart zu reaktivieren.

Demoskopia - eine Utopie
Eine Institution, die einer großen Gesellschaft dienlich bzw. nützlich sein kann, setzt voraus, dass die Gesellschaft entsprechend qualifiziert ist. Die Gesellschaft muss ja auch mit solch einer Instituion umgehen können, und da habe ich hier erhebliche Zweifel. In einer animistischen Gesellschaft liegt Schamanismus näher als in unserer großen westlichen Welt. Ein Beispiel: wie soll man einem deutschen Autofahrer beibringen, dass er auf der Autobahn nicht nur die ganz linke Spur benutzen soll? Jeder weiß, dass es rational besser wäre, es anders zu machen, und trotzdem macht er es nicht anders. Demoskopia ist für mich nur in einer anderen Gesellschaft denkbar. Eine solche Gesellschaft wäre ein Naturvolk oder (noch) archaisch strukturiert, z.B. Bergbauern, Fischer an der Gironde etc. Hat man diese gesellschaftliche Form, wird diese gepflegt, kultiviert und erhalten, weil sie nutzbringende Effekte erzeugen und die Existenz sichern. in Deutschland z.B. sehe ich das nicht. Wir leben hier in einer patriarchalischen, von der christlichen Kirche geprägten Gesellschaft. Eine wesentliche Triebfeder ist hier die Angst vor Bestrafung. Naturvölker dagegen sind ursprünglich matriarchalisch. Hier ist der Schamanismus Teil der Kultur.

Charakterisierung eines best-möglichen Demoskopia
Hinter jeder Fragestellung steht ein Auftraggeber. Wer will der Auftraggeber und Finanzier - der Kommunikator - sein für ideele Untersuchungen? Nicht einmal die groß-subventionierte Kirche hier bei uns käme dafür in Frage. Untersuchungen sind immer - in irgendeiner Form - kommerzieller Art. Allein schon aus Selbstethik müßte man als Mitarbeiter absolut freie Denker gewinnen. Dann aber sehe ich das Problem, dass die Ergebnisse aus einer solchen Untersuchung nie deckungsgleich sind mit der 'kommerziellen' Vorstellung des Auftraggebers. In einem ersten Schritt müßte man also eine absolut ehrliche Untersuchung machen. Dann müßte man an den Auftraggeber herantreten und ihn fragen, wie man die Ergebnisse in dessen Zielsetzung — also zu seinem Vorteil — präsentiert. Freie Untersuchungen sind für mich nur denkbar in winzig kleinen Zirkeln -innercircles - z.B. in Künstlerkreisen. Aber die wissen ganz genau, was sie wollen und brauchen daher keine Untersuchungen.

Ausstattung von Demoskopia
Da Institute welcher Art auch immer sich immer die Frage nach der Glaubwürdigkeit stellen lassen müssen, sind Institute nicht das richtige. Ich würde einen anderen Weg gehen, auch wenn der sehr hart sein kann. Da in jedem mitteleuropäischen Menschen dieses Potential noch schlummert, würde ich versuchen, Demoskopia wie folgt zu definieren: finde mit deinen Fähigkeiten, deinen ethnologischen und soziologischen Hintergründen deinen eigenen Weg. Das klingt vielleicht pathetisch, ist für mich aber die einzige Chance. Die christliche Kirche vermittelt für mich keinen Glauben mehr, aber genau deshalb kommt es darauf an: an sich bzw. an seinen Weg zu glauben.

Für Demoskopia muss ich zwei Dinge tun
Demoskopia sollte nicht zu stark mystifiziert und nicht zu stark verwissenschaftlicht werden. Ich muss es glaubhaft anfassbar machen für einen Kreis in der Breite.
Es geht darum, das in einem selbst Versteckte — das Vergangene — zu reaktivieren.

Hilfe zur meditativen Selbsthilfe geben
In der Bretagne gab es im heute hochtouristischen Gordes vor 30 Jahren ein altes kleines Schloss. Da lebte ein ungarischer Künstler mit Namen Vasarely. Heute ist er tot. Damals verkaufte er ein Spiel: ein Holzkasten, in dem Formen und Farben wie in einem Baukasten zusammengesetzt waren. Man konnte wie in einem Tangram-Spiel die Formen und Farben — seine Denkweise — nachvollziehen. Das Spiel war gleichzeitig ganz einfach und hochgradig kompliziert. Nimmt man diese Anregung auf, könnte ich mir für Demoskopia ein Kartenspiel vorstellen. Ein Set von ganz einfachen Pappkarten, das so billig hergestellt wird, dass es sich jeder leisten kann. Auf jeder Karte ist eine existentielle Frage verzeichnet - also die Hauptängste, die die Menschen beschäftigen z.B. Gesundheit, Arbeitslosigkeit etc. ... die zentralen Probleme unserer Gesellschaft. Auf jeder Karte, die der Besucher zufällig zieht, gibt es einen Hinweis auf eine andere Installation, die jeweils in einem Raum des Museums installiert ist. Die gezogene Karte verweist also in einen Raum, in den sich jeder zur Meditation bzw. Selbstbefragung begeben kann. Was dann hilft, ist die meditative Selbsterkenntnis. Das ist (wie) Rosenkranz-Beten.

Der Ort Demoskopia Demoskopia bedarf keines bestimmten Platzes oder Raumes. Selbsterkenntnis ist überall möglich, sofern ich mir vergegenwärtige:
1. Du musst es wollen
2. Du musst es suchen
3. Du wirst die Lösung finden
Ich brauche keinen spezifisch ausgestatteten Raum. Mein Raum ist der Kosmos, mein Raum ist das Ist. Dieser Raum ist immer um dich herum.

Demoskopia als Installation
Ein Videorecorder, in dem ein Endlosvideo läuft mit Straßenszenen, Kneipen, Höhlen, Bäumen etc. ... alles Mögliche aus unser aller Umfeld. Da drinnen lebe ich. Autobahn - Schnitt - Wanderung im Sonnenaufgang - Schnitt - Einkauf im Supermarkt - Schnitt - alles Mögliche, wo ich mich aufhalten kann. Neben diesen schnellen Schnitten bedarf es eines zweiten Elementes: der Akustik. Man muss den Betrachter in einen Zwiespalt bringen durch den Wechsel von schnellen Bildfolgen, die durch meditative Geräusche bzw. Töne begleitet werden. Das Ziel ist, sich meditativ in der Raum-Zeit-Schleife zu bewegen und einen neuen Weg zu gehen. In dem Raum sollte außer dem Videogerät nur noch eine Sitzgelegenheit vorhanden sein, auf der man es sich bequem machen kann.

(Gespräch vom 06.05.02, durchgeführt von Wolfgang Bauer in Schmitten)

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