Stadtimkerei finger 2008 / Qualitätskontrolle
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Qualitätskontrolle Hildesheim
 
Visualisierung der Pollenanalyse

Ein Projekt des Kunstvereins Hildesheim und des Roemer-Pelizaeus-Museums Hildesheim / observing beast, time, evolution

Unter dem Motto „Irgend etwas blüht immer“ testete die Frankfurter Künstlergruppe finger (Florian Haas und Andreas Wolf) erstmals 2007 im Frankfurter Bahnhofsviertel die Möglichkeit, die Imkerei in ihre künstlerische Produktion zu integrieren. Begeistert von dem gelungenen Experiment unterhält die Stadtimkerei / finger seitdem eine wachsende Zahl von Bienenständen in Kooperation mit verschiedenen künstlerischen, sozialen und universitären Einrichtungen, wie beispielsweise dem Frankfurter Verein für soziale Heimstätten, dem Museum für Moderne Kunst in Frankfurt oder mit Studierenden des Studiengangs Art in Public der Universität von Belfast.

Neben der weitgehenden wirtschaftlichen Autonomie, welche die Bienenhaltung der Künstlergruppe verschafft, werden in den Projekten jeweils Überschneidungen gesellschaftlicher, tierwirtschaftlicher und künstlerischer Produktion thematisiert, die für die Vorgehensweise der Stadtimkerei / finger charakteristisch sind.

Das mit der Pollenanalyse gestaltete Fenster

Die Qualitätskontrolle in Hildesheim konzentriert sich darauf, die Quantität und Qualität der Nahrungsgrundlage für Bienen in der Stadt präzise zu untersuchen und darzustellen. Können die Bienen den Lebensraum der Stadt für sich nutzen? Findet sich ausreichend Nahrung für die Bienen? Gibt es eine für die Stadt typische Zusammensetzung von Honig? Kann in der Stadt eingetragener Honig bedenkenlos verzehrt werden? Schmeckt der Honig aus Hildesheim? In wie weit ermöglicht der Honig ein Bild der Stadt in der er erzeugt wurde?

Die Messstation um diesen Fragen nachzugehen bildeten zwei Bienenvölker, die, von der Hildesheimer Imkerein Nina Lipecki betreut, für die Dauer eines Bienenjahres vor dem Römer-Pelizaeus Museum aufgestellt wurden. Auf ihren Sammelflügen befliegen die Bienen von hier aus, mit einem durchschnittlichen Radius von bis zu 5 Kilometern, das gesamte Hildesheimer Stadtgebiet und das nähere Umland. Der in diesem Gebiet aus landwirtschaft -
lichen Anpflanzungen, Schrebergärten, Ziergärten, Parks, Friedhöfen, Brachen, Alleen und Balkonen eingetragene Honig wurde vom Bieneninstitut in Celle auf die in ihm vorhandenen Pollen hin qualitativ und quantitativ analysiert, so dass eine präzise Darstellung der Nahrungsgrundlage der Bienen in Hildesheim möglich wird. Gleichzeitig läßt sich mittels einer Honiganalyse exakt bestimmen, ob in Hildesheim Schadstoffe wie beispielsweise Blei oder Cadmium freigesetzt werden, die sich, sofern vorhanden, im Honig wiederfinden würden.

Imker vor dem Museum

Ein Blick durch die gegenüberliegende Fensterscheibe ermöglicht es, mit dem gebotenen Sicherheitsabstand, die für die Recherche benötigte Messstation in Augenschein zu nehmen. Das quantitative Resultat der Honiganalyse ist auf der Fensterfläche visualisiert und läßt sich mittels der Legende auf der Säule aus Bienenkästen erschließen. Das qualitative Resultat der Untersuchung wird im Text zur Pollenanalyse (ebenfalls auf der Säule) kommentiert und die
Grundlage der Beprobung, der bei der Recherche gewonnene Honig, kann im Museumsshop käuflich erworben werden.

Aus den Prüfberichten

"Der vorliegende Honig setzt sich aus einer Vielzahl verschiedener Nektartrachten und etwas Honigtau zusammen. Im Aroma wahrnehmbar ist die Linde, deren Pollen im Honig unterrepräsentiert vorliegt. Die sensorischen Eigenschaften insgesamt werden geprägt durch die Vielfalt der Trachtquellen. Da kein Anteil überwiegt, ist eine botanische Sortenbezeichnung nicht zulässig. Der Honig ist von gelblich-beiger Farbe, seine Konsistenz ist besonders feincremig, sein Geruch und sein Geschmack sind honigtypisch, aromatisch, blumig und schwach herb. Die Sauberkeit des Honigs ist ohne Beanstandung. Insgesamt entspricht die Qualität des Honigs den Vorgaben der Honigverordnung und den Qualitätsanforderungen des Deutschen Imkerbundes."


(Aus dem Prüfbericht für Honig –
Nr. CE 215308.0872 des Instituts für Bienenkunde in Celle)

 

"Eine Belastung des Honigs mit den Schwermetallen Blei und Cadmium konnte nicht bestimmt werden" (Prüfbericht Nr. 080822057 des Prüflaboratoriums Applica / Angewandte chemische Analytik).

Die Vielzahl der Pollen ist typisch für einen Honig, der in der Stadt eingetragen wurde. Es finden sich neben Kernobst (11%), Steinobst (12%), Weißklee (9%) und der Rainweide (3%) weitere unterschiedlichste Pflanzen zu jeweils kleinen und kleinsten Prozentanteilen (insgesamt14%), wie beispielsweise Senf, Scheinakazie, Heckenkirche, Holunder, Büschelschön, Majoran, Spargel, Disteln, Johanniskraut, Hundszunge, Götterbaum und Vergissmeinnicht. (siehe Legende) Viele dieser Pflanzen fehlen bereits in den heute weit verbreiteten ländlichen Monokulturen. Typisch für Stadthonig ist der Anteil von Rosskastanie (3%) und Linde (4%), untypisch ist allerdings der Umstand, dass nahezu die Hälfte der nachweisbaren Pollen (44%) vom Raps stammen, der in städtischen Gebieten nicht heimisch ist. Hier zeigt sich deutlich die Fähigkeit der Bienen verschiedene Qualitäten und Quantitäten von Nahrungsquellen zu unterscheiden. Im vorliegenden Fall wurden die näher liegenden selteneren Pflanzen in der Stadt überflogen, um in den weiter entfernten Rapsfeldern des Umlandes die Massentracht zu nutzen.

 

Aufgrund der relativ hohen Dichte von neu angesiedelten exotischen Pflanzen in den Städten, werden in Stadthonigen oft auch Pollen gefunden, die nicht der geografischen Herkunft des Honigs entsprechen, was immer wieder Anlass zu Spekulationen gab, den Stadthonigen seien Auslandshonige beigemischt worden. Dies ist in Hildesheim nicht der Fall.