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In modern architecture the function of a flat roof differs according to the character of the building. The flat roof of an appartment house or a skyscraper can be used as a helicopter landing field, for a penthouse, for a lookout tower or a spot for suicides. Some of the roofs in Seoul are decorated with a red neon cross, indicating a church room underneath. But as it seems, today the numerous neon crosses have become more of a symbol for the church having developed into a flourishing buisness. The flat roofs of the skyscrapers also represent the power of capital. Especially the new shopping malls (Kitsch palaces) try to define and emphasize their own role as cultural spaces through the design of the roofs. Here you can even find real recreation areas, with lawn, trees and sculptures. Of course everything is surrounded by a wall to prevent any attempt for committing suicide Ð at least by jumping. The roofs of the ordinary houses are used for storing trash, but also as a residence. What you can find on top of all of them are water tanks, on the roofs of Seoul all are yellow and they remind, looked upon from above, like a parade under the command of the estate agents.

Gleich, ob Apartment- oder Hochhaus, ob Ein- oder Mehrfamilienhaus, die Häuser der Stadt sind zu vorübergehenden Wohnorten geworden. Keiner sieht in seiner Wohnung mehr etwas Ewiges oder verbindet mit ihr besondere Erinnerungen, wie etwa mit einem Baum. Eine Wohnung war früher ein lebenslanger, fester Wohnsitz. Sie erinnerte uns daran, wer in welchem Zimmer geboren wurde oder starb und an andere Ereignisse. Heutige Apartments oder Mehrfamilienhäuser können das nicht bieten. Ein Zimmer bedeutet nicht mehr als einen Raum, für den man jahrelang hart gearbeitet hat und der pro Quadratmeter soundso viel kostet. Das heißt, dieses Zimmer wird zum Verkaufsobjekt, sobald sich etwas Besseres findet. Als vorübergehender Wohnsitz ist die Wohnung ein Gebrauchsartikel von begrenzter Haltbarkeit, dessen Verbrauch zugleich die Erinnerungen löscht. Unser Erleben und unsere Erinnerungen sind abhängig von der Zeit, aber der Raum ist Medium der Erinnerungen wie eine Wunde. In vorübergehenden Wohnungen sind auch die Erinnerungen nur vorübergehende. Die Bewohner solcher Häuser sind Nomaden der Stadt. Sie ziehen dahin, wo sich ihnen eine Vermehrung ihres Vermögens bietet. Die Familie ist für sie etwas Abstraktes, existent nur noch in der Vorstellung oder in der Werbung, und sie ist richtungslos wie die Brownsche Bewegung der Moleküle in einem Glas Wasser. Wenn es überhaupt eine Richtung gibt, so folgt sie dem Magnetismus des Geldes. In der modernen Architektur ist die Funktion des Flachdaches, je nach Art des Gebäudes, unterschiedlich. Das Dach eines Apartment- oder eines Hochhauses kann verschiedenes sein: Hubschrauberlandeplatz, Penthouse, Aussichtsturm oder Platz für Selbstmörder. Dagegen ist das Dach eines normalen Hauses, eines Reihenhauses oder eines kleinen Gebäudes eine Art Keller in der Luft. Dort oben hockt wie ein Bettler der Wassertank, daneben Gerümpel, ein Dachhaus, ein Dachgarten usw. Der einzige Unterschied zum wirklichen Keller ist der, dass die Dinge hier sichtbar sind, nur, um sie zu sehen, muss man nach oben steigen. So sind sie doch versteckt. Die Häuser in der Stadt haben einen Brunnen auf dem Dach. Aber im Unterschied zum wirklichen Brunnen befindet sich beim Wassertank das Wasser in einem geschlossenen Raum und es ist unsichtbar Ð Endziel einer langen Reise durch unterirdische Rohre. Die Wassertanks auf den Reihenhäusern Seouls sind gelb. Sie bilden einen starken Kontrast zu den grauen Betonmauern und das Ganze erinnert an eine Truppenparade unter dem Befehl der Immobilienhaie. Die einheimischen Bauunternehmer und Immobilienhändler wissen genau, dass ein Haus ein Verbrauchsartikel ist, unabhängig von Größe und Struktur. Angefangen vom Plan bis zum fertigen Bau gilt nur ein einziges Prinzip: möglichst schnell, möglichst billig und möglichst fehlerhaft. Die kleinen und großen Baufirmen folgen ohne Unterschied dieser Regel und nennen sie Ökonomie. In Wirklichkeit hat alles nur ein Ziel, ein Haus sollte nur etwa 20 Jahre halten, damit man ein neues bauen kann. Ein Haus von kurzer Haltbarkeit schafft neue Arbeit und das ist die Strategie aller Baufirmen. Gerade auf solchen Häusern haben die gelben Wassertanks ihren Platz. Sie sind das Symbol der billigen Architektur. Das Gegenstück zum Wassertank bildet das Dachhaus. Die Attraktion eines Dachhauses besteht darin, dass man das ganze Dach für sich allein hat. In der Regel ist ein Dachhaus Produkt eines Willens, aus dem Grundstück unveränderliches Kapital, ein Maximum, herauszuholen. Ein Dachhaus ist eine gänzlich unsichere Heimstatt. Selbstverständlich ist die Miete niedrig. Im Grunde ist das Dachhaus ein Missgebilde, es steht auf einem Platz, der als Keller gedacht ist. Dort findet man keinen Schutz gegen Kälte, Hitze und Regen. Am Nachmittag eines heißen Sommertages ist ein Dachhaus mit der Wüste vergleichbar. Die Bruthitze der Betonmauern lastet wie ein Fluch auf ihm. Im Winter ist es auch nicht besser, dann nehmen der scharfe Wind und der Frost ihren Platz auf dem Dach ein. Obwohl es als Wohnraum offenbar nicht geeignet ist, bleibt das Dachhaus neben dem Wassertank bestehen, allein wegen der billigen Miete. Das Dach als Keller in der Luft kann auch ein Abfalllager sein. Auf den Dächern des Geschäftsviertels, besonders in der Umgebung von Seoul, findet man große Abfalllager. Die Sonne bleicht sie aus, der Regen durchnässt sie. Alte Tische und Stühle, zerbrochene Sperrholzplatten und Reklametafeln bilden ein heilloses Chaos. Nutzlose Dinge, die zu groß sind, um sie einfach wegzuwerfen, und deren Beseitigung Kosten verursacht. Nur einmal im Jahr, bei starken Schneefall, sind sie verborgen. Aber bald darauf ist der ganze Abfall wieder zu sehen. Man könnte an unsere zerstrittenen Parlamentarier denken, in ihrem Chaos und ihrer Gier. Das Dach ist ein Abbild unseres politisch-sozialen Bewußtseins: Alles ist erlaubt, solange ich nicht gesehen und erwischt werde. Unter den Dächern mit ihrem Gerümpel befinden sich manchmal Kirchenräume. Ein rotes Neonkreuz auf dem Dach weist auf sie hin, als ob es den Ort anzeigen wollte, an dem unser Herrgott herabsteigen wird. Aber diese Kreuze haben nichts mehr gemeinsam mit den Kreuzen der gotischen Kirchen Ð Dylan Thomas sprach von "Schnecken mit aufgestellten Hörnern im Nebel". Sie waren Symbole des Glaubens und der Nähe zum Himmel. Die zahlreichen roten Kreuze vor dem nächtlich dunklen Himmel sind Zeichen dafür, dass aus der Kirche ein blühendes Geschäft geworden ist. Ihre stärkste Symbolik liegt vielleicht darin, uns über ihre wahre Bedeutung zu täuschen. Die Dächer großer Hochhäuser repräsentieren die Macht des Kapitals. Sie dienen als Parkplatz, Kinderspielplatz, künstlicher Garten usw. Mitunter findet man dort Erholungsräume, ausgestattet mit Bäumen, Rasen, ja sogar Skulpturen und umgeben von hohen Mauern, damit niemand herunterspringt. Vor allem die neuen Kaufhäuser, kitschige Paläste, betonen die Rolle dieser Räume als kulturelle Orte. Sie bieten ein perfekt bourgeoises Ambiente. Man erweckt den Eindruck, ein Kaufhaus sei kein Ort um Geld auszugeben, sondern diene vorwiegend der Kultur. All dies läuft unter dem Namen Kundenservice, eine Tarnung, die gelingt durch eine Verbindung von Natur und Kunst. Zum Schluss denkt niemand mehr an den Zweck eines solchen Ortes. Vom Dach des Hochhauses genießt man die Aussicht auf das Spektakel der Stadt. Im Blick von oben zeigt uns die Stadt ihre Eingeweide wie ein enthäutetes Tier; deutlich sehen wir, dass die städtische Pracht und Verlockung eine Fiktion ist. Die Gebäude erscheinen niedriger, Menschen und Autos kleben auf dem Boden wie verstreute Farbspritzer. Die breiten Straßen und wichtige Gebäude sind relativ gut zu erkennen. Daraus folgt, das Dach als ein Ort starker optischer Reize. Nur leider ist es meistens nicht zugänglich, verschlossen mit einer Eisentür und einem Schild "Kein Zutritt". Der Grund dafür liegt auf der Hand: es ist eine Maßnahme gegen Unfälle und potentielle Selbstmörder. Nur ganz selten werden auf Dächern Aussichtstürme errichtet Ð wenn überhaupt, dann wird Eintritt verlangt. Die optischen Reize werden zur Handelsware. Wem dies nicht passt, der sollte auf einen Berg steigen. Vielleicht muss er auch dort Eintritt bezahlen, aber er hat einen schwachen Trost, wenigstens wird er kein Dach und keinen Müll sehen. Statt dessen wird ihn verschmutzte Luft wie eine trübe Plastikfolie umgeben und seine Augen und sein Herz ermüden.

photo credits: Cho Ji-eon

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