![](korea5.jpg) |
Diorama
einer Kriegsszene mit Wachspuppen im Kriegsmuseum |
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Park
Chan-Kyong describes the War Museum in Yong-San / Seoul, South Korea,
as an almost surrealistic place where more than 6000 original weapons,
110 combat planes, canons, warships, rockets and so on are presented.
(The architecture of the building evokes impressions as if being in
a Leni Riefenstahl film as the author tells). The structure of the
collection is compared with the Encyclopaedia of Denis Diderot and
Park Chan-Kyong shows that the two are very similar e.g. in respect
to what is here called "anecdotal form" of using objects. On the other
hand it is mentioned that "the decisive difference between the Encyclopaedia
and the Museum is the moment of ingenuity. Whereas Diderot claims
a creative function for it, it serves the Ministry of Defence (as
institution behind the Museum) as moment of destruction. Both of the
structural similar cases point out that there is no direct borderline
between creation and destruction." The first experience of the synthesis
in the War Museum is a diorama with paintings and objects. The background
images imitate the romantic atmosphere of the paintings of american
landscapes by Frederic Church or the heroic photography by Ansel Adams.
The foreground is dominated e.g. by extremely realistic waxworks showing
soldiers dying, shooting or playing music. Park Chan-Kyong mentions
that there is a great similarity to a museum of natural history according
to the aesthetics presumably to conceal the patriotic pathos.
![](wachssoldaten.jpg) |
Wachspuppen
die die chinesisch kommunistische Armee darstellen |
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Der
Bau des Kriegsmuseums in Seoul, welches nur durch eine Mauer vom Ministerium
für Landesverteidigung getrennt ist, begann noch während
der Regierungszeit des Präsidenten No Tae-Woo. Mit dem Regierungswechsel
gab es zunächst Ü berlegungen, ob es nicht besser sei, dort
ein Nationalmuseum zu errichten. Dennoch wurde das Kriegsmuseum gerade
von der neuen Regierung, die sich eine Kultur für das Volk zur
Aufgabe gemacht hat, fertiggestellt. Was uns aber deprimiert, ist
der nationalistische Baustil des Kriegsmuseums, mit seinen über
1,7 Milliarden Mark Baukosten. Was sich von selbst versteht, wenn
man die Bedeutung des Gebäudes bedenkt - dieses Mueum ist so
etwas wie eine Auszeichnung oder ein Orden. Jedenfalls erinnert das
Gebäude stark an die NS-Aufmärsche in Leni Riefenstahls
Film "Triumpf des Willens". Das U-Boot, der Brunnen, die Rakete und
die schwermütig berührenden Straßenlaternen im Pariser
Stil. Im Inneren des Museums sind neben etwa 6000 Originalwaffen und
Modellen noch allerhand Kampfausrüstungen zu bestaunen. Das Aussengelände
beherbergt weitere 110 Kampfflugzeuge, Feldkanonen, Kriegsschiffe
und Raketen. Sogar das Berühren der Ausstellungsgegenstände
ist dem Besucher gestattet. Schaut man umher sieht man Menschen, die
sich unter einem B-52 Bomber ausruhen und Kinder, die unbekümmert
zwischen Raketen spielen. Lässt man den Blick weiter schweifen,
so entdeckt man neben weiterem gefährlichem Kriegsgerät,
den Nam-San-Tower, Wohnhäuser, amerikanische Kasernen und das
Gebäude des Verteidigungsministeriums. Häufig finden sich
auch Liebespaare und Hochzeitsgesellschaften im Museum ein. Man kann
das Kriegsmuseum von Yong-San als ein Lehrbuch betrachten, in dem
man nachlesen kann was sich alles während des Koreakriegs abgespielt
hat. Man kann es aber auch als ein umfangreiches Lexikon betrachten,
mit zahlreichen Bildern, Kriegswaffen, uniformierten Wachsfiguren
und Schaubildern mit kurzen erklärenden Texten. Das ganze ähnelt
mehr einem
![](korea2.jpg) |
Vor
dem Kriegsmuseum |
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Kinderlexikon
mit vielen Bildern, - einem Bilderbuch über die Entwicklung des
Krieges und deren Ergebnisse,- von Kriegsbeginn in Korea bis zum heutigen
Waffenstillstand. Die große Enzyklopädie von Denis Diderot
besteht hauptsächlich aus zwei Teilen. Der eine Teil sind die
analytischen Abbildungen. Sie zeigen die Zusammenhänge bzw. räumlichen
Paradigmen, die durch eine systematische Klassifikation entstehen.
Der andere Teil ist ein zusammenfassender synthetischer Teil, der
vom ersten Teil abgeleitet ist und heute noch im Gebrauch ist. Dies
war ein durch ein übermenschliches Auge entstandenes Klassifikationssystem
für ein riesiges Archiv. Im Kriegsmuseum kommt dieses Ausstellungsverfahren
zur Anwendung. Einerseits werden Waffen, Uniformen, Militärausrüstungen
und Erkennungsmarken ausgestellt, anderseits wird der Kriegsschauplatz
auf dem diese Gegenstände zur Verwendung kamen in anekdotischer
Form synthetisiert. Die Arbeitsmethode des Lexikons und des Museums
ist somit identisch. Dies ist auch das erklärte Ziel des Kriegsmuseums.
Als Beispiel dafür sei eine Szene aus dem Vietnamkrieg erwähnt,
wo die gesamte Kriegsausrüstung zugleich analytisch und abstrakt
zu sehen ist. Das Gegenteil davon ist die Szene einer Durchsuchung
einer Höhle, in der die Kriegsgegenstände ziehmlich konkret
und synthetisch dargestellt sind. Der Zweck diesEnzyklopädie
ist es, an den Krieg zu erinnern. Der dafür zur Verfügung
gestellte Raum kann als ideales Gedächtnis / Erinnerungsraum
gelten. Der entscheidende Unterschied zwischen Diderot und dem Verteidigungsministerium
liegt in der Verwendung der Erfindung. Während sie bei Diderot
eine schöpferische Funktion hat, dient sie dem Ministerium für
Landesverteidigung zur Destruktion. Beide strukturell ähnlichen
Fälle weisen darauf hin, daß es keine unmittelbare Grenze
zwischen Schöpfung und Zerstörung gibt. Die erste Erfahrung
die der Besucher mit einer Synthese macht, ist ein mit Bildern und
Miniaturen ausgestattetes Diorama. Die Bilder im Hintergrund der Wachsfiguren
Szene ahmen amerikanische, romantische Landschaftsbilder von Frederick
Church nach oder erinnern an die heroischen Photographien von Ansel
Adams. In weiteren Dioramen sind höchst realistische Wachsfiguren
zu sehen, die aus einem Schaufenster in Hollywood stammen könnten.
Die Komposition der genau berechneten Lichteffekte weche die Szenerie
ausleuchten, erinnern an einen mißbrauchten Hongkong Noir Film.
Das Diorama spielt im Jahr 1950, in dem der Koreakrieg ausbrach, -
die Idee des Dioramas an sich stammt aber aus dem Jahr 1830. Uns ist
klar, daß für die Erinnerung - für die Rekonstruktion
des Gedächtnisses - sowohl Interessen, Gewohnheiten, Sitten und
Zustand der erinnernden Personen eine große Rolle spielen als
auch der politische Zweck und die bestimmte Kultur der jeweiligen
Gruppe. Im Falle des Kriegsmuseums gibt es zahlreiche solcher Motive.
Das wichtigste ist zweifellos das patriotische Kriegspathos. Ähnlich
wie die Erinnerungen, die uns ihre Wahrheit abfordern, verheimlicht
uns das Kriegsmuseum, dass dort ein fiktionaler, rekonstruierter Krieg
stattfindet. Dies ist der eigentliche Grund warum ein Kriegsmuseum
versucht ein Naturmuseum nachzuahmen. Sollte an den Krieg dennoch
erinnert werden? Und wenn ja, wie?
photo credits: Park Chan-Kyong
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