"Especially for this concret block, there exist a lot of ways to look
at it."
Interview
by Andreas Wolf, with Mr. Klemmstein, Head of the Education Department
of the Prison in Celle, about the so called "Hole of Celle". In juli
1978 an expolsion blew a hole was bombed in the outsidewall of the
prison in Celle, North Germany. The detonation ripped a hole with
a diameter of about 40 cm - but without destroying the steel rods
which hold together the concrete. Everything looked like an escape
organized from outside, but none of the prisioners tried to get away.
The police, the justice department and the prisons administrators
speculated that this was an attempt to free RAF-activists that were
imprisioned in Celle. The hole in the wall was closed and it took
about 8 years till it became official that the explosion was actually
organized by a specialforce unit of frontier guards - the famous GSG-9.
"The only purpose seemed to be, to raise the impression that this
was an operation led by terrorists", said Mr. Klemmstein, and that
it was suspected that it should be used to smuggle an agent into the
terror organisation. In 1998 the damaged prision wall was replaced
during general renovation. It was the construction manager Mr. Schwarzkopf,
who then remembered the explosion and he proposed to keep the damaged
parts of the outer wall as a reminder of the events in 1978. In cooperation
with Mr. Klemmstein from the prisions' Education Department and the
Administration, the idea came up to cut out the piece of concret around
the former hole. Then prision construction workers, which are all
convicts, were instructed to reopen the hole, sticking to the traces
of the concret filling from 20 years ago. Cut out and restored that
way, the wall segment was place on a pedestal in one of the inner
courtyards of the Celle prision.
Gerade für diesen Betonklotz hier gibt es sehr unterschiedliche
Betrachtungsweisen
Interview
mit Herrn Klemmstein, dem pädagogischen Leiter der JVA Celle
im Südhof der Anstalt am Celler Loch. Andreas Wolf: Wie kam es
zu dem Celler Loch? Klemmstein: Die Sprengung als solche hat stattgefunden
in der Nacht vom 25. auf den 26. Juli 1978. Damals war unklar wer
die Sprengungladung angebracht hat. Erst 8 Jahre später hat sich
dann am 25.4. durch die Presserecherchen herausgestellt, daß
das die GSG 9 war, unser eigener Bundesgrenzschutz. Sinn und Zweck
der ganzen Aktion war, den Eindruck zu erwecken, als wenn das der
Terroristenszene zuzuordnen gewesen wäre. Damals war ja die Zeit
des Hochterrorismus in der Bundesrepublik und man wollte mit dieser
Aktion einen V-Mann in die Terroristenszene einschleusen. Das hat
im nachhinein betrachtet nicht geklappt, nicht einmal ansatzweise.
Dieses Loch das wir hier sehen, hat die Originalgröße wie
es damals gesprengt worden ist, auch das Moniereisen ist nicht mit
raus gesprengt worden, sondern ist genau so drin gewesen. Insofern
hätte durch dieses Loch auch gar keiner durchkommen können.
Ja, ich bin auch ein bißchen irritiert, denn ich bin davon ausgegangen,
daß dieses Loch offen war, so daß man hätte durchkommen
können. Da hat man sich damals rausreden können, nach dem
Motto: das hat derjenige, der die Sprengung angebracht hat, ja nicht
wissen können, daß da Eisen in der Mauer sind. Denn wenn
ich irgendwas sprenge, gehe ich davon aus, daß dann da irgendwas
offen ist. Da hat dieses Sprengkommando ziemlich geschlampt, oder?
Ja, das sind so Fragen, die bis heute nicht so ganz geklärt worden
sind. Hat es irgendwie nicht funktioniert, so daß sie sich verrechnet
haben, sollte das Loch vielleicht gar nicht größer werden,
sollte vielleicht gar keiner rauskommen können? Das sind ja bis
heute unbeantwortete Fragen. Oder hat man einfach nicht berücksichtigt,
daß Eisen drin ist? Entweder man hat sich keine Gedanken darüber
gemacht, oder man hat sich sehr wohl Gedanken darüber gemacht,
beide Varianten sind ja möglich und vorstellbar. Das Loch als
solches hätte ja ausgereicht. Wenn man nicht dickleibig ist,
dann kommt man da durch. Außerdem müssen sie sich vorstellen,
daß zwischen Zellenhaus und dieser Hausmauer, das Ganze ist
ja ein Stück der damaligen Hausmauer, noch ein Hof liegt und
daß dieser Hof nachts logischerweise leer und auch bewacht ist.
War das Loch also an der falschen Stelle gesprengt worden? Nein, das
war nicht an der falschen Stelle, aber es war nachts keiner auf dem
Hof. Das Loch alleine hätte nicht geholfen. Die Terroristen innerhalb
der Strafanstalt waren noch mal extra gesichert und dann hätte
erst mal einer aus dem Gebäude rauskommen müssen, auf den
Hof, um durch dieses Loch überhaupt durchkriechen zu können.
Es ging also nur darum an der Außenmauer, sichtbar für
die Öffentlichkeit ein Loch zu sprengen? Es ging mehr um diese
Aktion, nach dem Motto,da spreng ich mal ein Loch in die Mauer, laß
mir dann das zuschreiben, dann komm ich vielleicht in die Szene rein.
Das war die Ü berlegung damals. Und war nicht gleich sichtbar,
daß durch die Moniereisen niemand durchkommen konnte? Nach der
Sprengung dann, ja. Aber das ändert ja an dieser Aktion nichts.
Die faktische Geschichte zu dem Loch, da gibt es unterschiedliche
Betrachtungsweisen. 1986 ist damals ja erst richtig darüber diskutiert
worden. Nach der Sprengung war damals nur der Leiter der Strafanstalt,
das war damals Dr. Kühling, über diese Aktion informiert
und der Leiter der Polizeiinspektion Celle. Der Rest wußte das
ja nicht. Unsere Kollegen konnten nur rätseln und die Gerüchteküche
brodelte. Die Polizei hat über Jahre ermittelt um der Täter
habhaft zu werden und in sofern entstand viel böses Blut, als
das dann 1986 rauskam. Unsere Kollegenschaft, die hat das dann schon
anders betrachtet als die damalige Anstaltsleitung, denn nachts ist
an diesen Mauerstücken auch Streife gelaufen worden. Die Betonbrocken
hätten also auch den Kollegen um die Ohren fliegen können
und sie dann auch, wenn nicht töten, aber dann doch beschädigen
können in ihrer Gesundheit. Unsere Außensicherung, also
die Türme der Anstalt, wurden mittlerweile mit schußsicherem
Glas ausgestattet, aber damals war nur normales Fensterglas drin.
Und dann tauchen natürlich solche Fragen auf: Wenn die Turmbesatzung
die GSG 9 beobachtet hätte, beim Anbringen der Sprengung, wer
hätte dann auf wen geschossen? Insofern ist die Betrachtungsweise
zwischen Anstaltsleitung und Belegschaft eine sehr unterschiedliche.
Als das dann 1986 rauskam wurde extra eine Konferenz hier gemacht,
eine Personalversammlung, und da mußte der Chef sich auch sehr
viele böse Worte anhören. Im Herbst 1998 ist das "Celler
Loch" hier aufgestellt worden und eigentlich ist es hierher gekommen,
weil die Mauer ersetzt werden mußte in die dieses Stück
reingehört. Da hat man gesagt, es wäre eigentlich schade,
wenn das jetzt einfach auf der Kippe verschwinden würde. Man
sollte das hier schon als Mahnmal oder als Erinnerung an die Aktion
"Celler Loch" aufstellen und der Nachwelt erhalten. Darum steht das
hier. Wenn die Mauer nicht erneuert worden wäre, wäre das
vielleicht nie hingekommen. Wer kam auf die Idee mit dem Mauerrest?
Das ist eine Kombination gewesen. Den Anstoß hat wohl unser
Bauinspektor gegeben, Herr Schwarzkopf. Das war als die neue Mauer
kam. Als das dann aufgestellt wurde, unter großem Medieninteresse,
da war die Diskussion in der Kollegenschaft auch wieder genau so da
wie 1978. Es kam alles wieder hoch. Dieses Ding hat an Aktualität
überhaupt nichts verloren, dieser Begriff "Celler Loch" und diese
Aktion. Darum halte ich das für relativ wichtig, daß das
Ding hier aufgestellt wurde, ich sehe da einen Sinn drin. Es gibt
andere, die sagen in Bezug auf das Ding hier, das ist Quatsch, das
ist nur ein Stück Beton, das ergibt keinen Sinn. Dr. Kühling
zum Beispiel, der war ja auch hier, als das dann offiziell hier hingestellt
wurde im letzten Herbst und mußte den Pressevertretern auch
ein paar Fragen beantworten. Das war ihm sichtlich unangenehm. Aber
wie gesagt, gerade für diesen Betonklotz hier gibt es sehr unterschiedliche
Betrachtungsweisen. Der Bauinspektor, der den Anstoß zu dem
Denkmal gab, ist der auch Teil der Belegschaft der Anstalt? Der Bauinspektor
ist Belegschaftsteil dieser Einrichtung und ist für Baumaßnahmen
innerhalb dieses Hauses zuständig und ist Ansprechpartner für
das Stadthochbauamt. Er ist dann auch für den Neubau der Mauer
zuständig gewesen und hat dann nochmal die Frage aufgeworfen,
ob es nicht gut wäre das Ding hier hin zu stellen. Er war dann
auch in die Diskussion miteingebunden, und dann hat man gesagt: gut
das machen wir. Dann ist dieses Stück rausgeschnitten worden,
man kann das hier noch sehen. Sauber rausgetrennt ist nur dieses Celler
Loch mit ein bißchen Beton drumherum wieder hingestellt worden.
Die Bauabteilung, die aus Gefangenen besteht, mußte das Loch
wieder aufmachen. Die Bauabteilung hat auch den Sockel dafür
gegossen, und dann ist das hierher gekommen. Wie haben denn die Leute
von der Bauabteilung reagiert, die das Loch restauriert haben? Ich
denke mal, relativ wertfrei. Reingucken kann man in die Gefangenenköpfe
natürlich nicht, aber da sind keine Diskussionen entstanden.
Das war für die ein Bauauftrag wie jeder andere, womit ich nicht
sagen will, daß die nicht auch irgendwas gedacht haben dabei.
Wie wurde denn bei der Restaurierung des Lochs vorgegangen? Gab es
da die Sprengspuren noch? Die Sprengspuren als solche nicht, aber
die Verfüllspuren. Wenn sie irgendein Loch in Beton zumachen,
sehen sie ja immer die Stelle wo sie mal irgendwas nachgeschmiert
habe. So war das natürlich hier auch. Wie hat die Presse reagiert,
als das hier aufgestellt wurde? Das Presse-Interesse war sehr groß.
Das Fernsehen war hier, dann war es in der Hannoveranischen Zeitung,
in der Celler Zeitung sowieso im Spiegel und noch mehr Presse, die
ich nicht alle aufzählen kann. Der Hof hier war voll. Wurde im
Rahmen der Aufstellung des "Celler Lochs" diskutiert wo es placiert
werden soll? Auch. Ich hätte mir einen anderen Standort gewünscht,
irgendwann ist man dann halt auf diesen hier gekommen. Wobei nicht
alle Besucher, die in diese Anstalt gehen hier an diesem Loch vorbeikommen.
Der normale Besucherweg geht hier an diesem Kontrollgebäude raus
und jenseits des Hauses entlang. Die Besucher kommen also hier nicht
unmittelbar hin. Wenn Besuchergruppen reinkommen, gehe ich mit denen
dann durch diese Tür, so wie wir es eben auch gemacht haben,
hierher zum Loch, um diese Geschichte mal kurz anzureißen, weil
eben oben im Museum auch noch Dokumentationen zum Celler Loch sind,
so daß die das dann auch zugeordnet bekommen, und diesen Block
auch mal gesehen haben. Und die Kippung des Mauerstücks? Das
ist eine rein optische Sache, wie wir das Ding darstellen wollten
als Denkmal, das hat nichts mit dem Loch als solches zu tun. Wobei
ich das auch optisch gelungen finde. Das war auch damals die Diskussion,
und wir haben gesagt, wenn überhaupt so was als Denkmal dienen
kann, dann kann es nicht so aufgestellt werden wie zum Beispiel eine
Krummschließeinrichtung, die wirklich historisch ist. Da muß
es mehr so in die Richtung Industriedenkmal gehen. Darum ist auch
die Beschriftung zum Beispiel aus Plexiglas gewählt worden und
nicht eine Messingplatte wie sie zum Beispiel an dieser alten Glocke
da hängt. Das muß schon einen anderen Stil haben. Irgendwann
ziemlich am Anfang sind unsere Damen aus der Besucherkontrolle hier
auf die Idee gekommen, auf den Sockel müßte man so kleine
Blumentöpfchen hinstellen. Das hat mich bald zwei Monate gekostet
ihnen das abzugewöhnen. Dieses Ding ist kein Blumenbänkchen,
also da habe ich einfach ein anderes Verständnis. Ich hab die
Blumentöpfchen immer wieder weggestellt, die Damen haben die
wieder hingestellt aber irgendwann war der Quatsch vorbei. Wer war
denn an der Stilfindung für das Mahnmal beteiligt? Das war der
Bauinspektor Schwarzkopf. Ich, und der Anstaltsleiter mußten
zustimmen bei solchen Sachen, das ist klar. Gab es da eine Diskussionsphase
und einen Ideenwettbewerb? Ja, also nicht einen ausgeschriebenen Ideenwettbewerb.
Dieser recht kleine Kreis hat sich dann eben unterhalten wie wir das
machen könnten, und da sind wir dann zu dieser Lösung gekommen,
was auch nicht so schwierig war. War es denn auch einmal angedacht
das Denkmal außerhalb des Hauses aufzustellen? Nein, das war
nicht angedacht. Wir hatten erst überlegt, ob man es innerhalb
des Museums darstellen könnte, weil das dann auch eine ganz andere
Gewichtigkeit durch die Ausmaße bekommt. In den Räumen
wirkt das dann ja noch größer, als das jetzt hier wirkt.
Von dem Gedanken ist man aber relativ schnell abgekommen, denn das
hätte die Decke in dem Museum überhaupt nicht getragen.
Gegenüber dieser Anstalt auf der anderen Straßenseite gibt
es eine Szenekneipe die "Celler Loch" heißt, auch auf diese
Aktion hin. Ich führe die Besuchergruppen durch diese Anstalt,
und wenn auch nicht jeder genau weiß, was das mit diesem Celler
Loch auf sich hat, den Begriff kennt doch jeder. Und die Überlegung
es zum Beispiel vor der Anstalt im Park aufzustellen, gab es die?
Also eigentlich ist das gar nicht in der Diskussion gewesen, weil
wir mit mehreren Stücken unserer Geschichte leben, die alle innerhalb
des Hauses aufgestellt sind. Viele Sachen sind oben im Museum, das
können wir uns nachher noch ansehen. Hier zum Beispiel die Glocke
von unserem alten Glockenturm ist auch Bestandteil dieses Südhofes
geworden. Die Idee das draußen aufzustellen gab es eigentlich
nicht. Wir hätten da eventuell auch Probleme mit dem Denkmalschutz
gekriegt. Die ganze Anstalt steht unter Denkmalschutz, es darf also
nichts verändert werden. Dieses Hauptgebäude ist umgebaut
worden vor ein paar Jahren, dabei ist die komplette Außenfassade
unangetastet geblieben. Innen ist das Gebäude komplett entkernt
worden. Der Denkmalschutz wird also sehr eng gesehen. Wir haben hinten
auf der Ecke dieser Rasenfläche mal vor ein paar Jahren einen
Teich angelegt, das war sehr schön für die Sekretärinnen,
wenn die morgens zur Arbeit kamen wurden die Enten und Fische gefüttert.
Dann kam irgendwann der Landeskonservator aus Hannover in diese Anstalt
und als er den Teich sah, mußte der sofort wieder zugeschüttet
werden. Ich will zum Beispiel jetzt draußen vor die Anstalt
einen Schaukasten hinstellen lassen, damit man mal so ein bißchen
dokumentieren kann, was sich hinter diesen Mauern verbirgt. Oder,
es gibt ja auch Erzeugnisse die diese Anstalt verkauft. Daß
man einfach mal so eine Plakatwand vor der Anstalt hat, daß
die Leute sehen können, was es überhaupt gibt. Der Vorgang,
der zieht sich jetzt schon über ein Jahr hin. Im Augenblick liegt
der Antrag in Hannover auf dem Amt für Denkmalpflege. Solche
Sachen sind wahnsinnig kompliziert. Wäre es für sie persönlich
denn denkbar das Celler Loch an anderen Orten zu zeigen, in anderen
Justizvollzugsanstalten zu Beispiel? Eigentlich nicht, es ist ja fester
Bestandteil dieser Anstalt. Das ist ein Vorgang der ja nun hier gewesen
ist, der sich, denke ich, auch in dieser Art woanders nicht hätte
abspielen können. Insofern kann man das nicht losgelöst
von dieser Anstalt sehen. Das ist also kein Objekt, das geschaffen
worden ist als Kunstobjekt, das kann man gerne auf Reisen schicken,
aber ich denke, so darf man dieses Teil nicht sehen.
photo credits: Andreas Wolf
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